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Affiliate-Netzwerke: Verantwortlichkeit des Merchants

Kann der Merchant für Rechtsverletzungen des Affiliates haftbar gemacht werden?

Rechtlich hat sich in der Vergangenheit mehrfach die Frage gestellt, ob ein Merchant (Werbetreibender) für Rechtsverletzung eines Affiliates (Websitebetreiber) verantwortlich gemacht werden kann, beispielsweise wenn dieser unerlaubt mit Markennamen von Konkurrenten des Merchants wirbt. In solchen Fällen wollten die Konkurrenten nicht nur den Affiliate in Anspruch nehmen, sondern auch den Merchant. Grund hierfür war meist, dass es sich bei dem Affiliate um einen kleinen Websitebetreiber handelte, bei dem nichts zu holen war.
Die Rechtsprechung zu diesen Fällen ist relativ einheitlich: Merchants haften auch für Rechtsverletzungen von Affiliates.
Grund ist eine Regelung im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. § 8 Abs. 2 UWG besagt:

Werden die Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen, so sind der Unterlassungsanspruch und der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet.

Eine ähnliche Regelung gibt es auch im Markenrecht. § 14 Abs. 7 MarkenG:

Wird die Verletzungshandlung in einem geschäftlichen Betrieb von einem Angestellten oder Beauftragten begangen, so kann der Unterlassungsanspruch und, soweit der Angestellte oder Beauftragte vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat, der Schadensersatzanspruch auch gegen den Inhaber des Betriebs geltend gemacht werden.

Und auch im Urheberrecht gibt es in § 100 UrhG eine entsprechende Regelung.

In allen Fällen ist der Affiliate als „Beauftragter“ des Merchants zu sehen. Das OLG Frankfurt stellte das für den § 8 Abs. 2 UWG fest, das OLG Köln für § 14 Abs. 7 MarkenG. Ob direkte Verträge zwischen dem Merchant und dem Affiliate bestehen ist dabei irrelevant. Denn die Verantwortlichkeitsregeln sollen nicht durch Zwischenschaltung eines Dritten umgangen werden dürfen.

Anzumerken ist, dass beim Urteil des OLG Köln die Leitsätze in diesem Zusammenhang falsch sind. Dort wird von einer Mitstörerhaftung ausgegangen, wobei das Gericht unter II 2 a eindeutig von einer unmittelbaren Verantwortlichkeit aus § 14 Abs. 7 MarkenG ausgeht. Ganz falsch ist der Hinweis auf die Mitstörerhaftung allerdings nicht. Denn es ist durchaus davon auszugehen, dass ein Merchant für andere Rechtsverletzungen seines Affiliates, also etwa Persönlichkeitsrechtsverletzungen, auch als Mitstörer haften kann. Noch gibt es dazu zwar keine Rechtsprechung, es ist aber zu erwarten, dass die Gerichte hier eine Mitstörerhaftung bejahen würden – zumal die Mitstörerhaftung in letzter Zeit sehr oft und weitreichend von der Rechtsprechung angenommen wurde.

Darüber hinaus haben Teile der Rechtsprechung im Zusammenhang mit Google AdSense/AdWords eine Mitstörerhaftung angenommen. Danach soll es sich in diesen Fällen beim Affiliate eben nicht um einen „Beauftragten“ handeln. Das ist möglicherweise darauf zurückzuführen, dass Google lediglich das Pay-per-Click Vergütungsmodell anbietet und der Merchant keinerlei Kenntnis davon hat, auf welchen Seiten seine Anzeigen geschaltet werden.

Denn bei vielen Affiliate-Netzwerken gibt es – im Gegensatz zu Googles Werbemodell – eine Art „Bewerbungsverfahren“. Der Affiliate bewirbt sich also beim Merchant und die Werbung wird erst dann angezeigt, wenn der Merchant dieser Bewerbung stattgibt.

Insofern unterscheidet sich auch die Rechtsprechung im Hinblick auf das Google-Modell.
So war zum Beispiel das KG Berlin der Auffassung, dass ein Merchant bei Google AdWords nicht für die Inhalte einer rechtswidrigen Domain haftbar gemacht werden kann, solange er davon keine Kenntnis erlangt hat.

Fazit

Werbetreibende können auch für Rechtsverletzungen der Affiliates zur Verantwortung gezogen werden. Wichtiger Faktor dabei ist die Frage, ob der Merchant wusste, auf welchen Internetseiten seine Werbung angezeigt wird. Bei klassischen Affiliate-Netzwerken mit „Bewerbungsverfahren“ ist deshalb davon auszugehen, dass der Werbetreibende unmittelbar auf Unterlassung, in Einzelfällen sogar auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden kann. Denn der Affiliate gilt hier als „Beauftragter“ des Merchant.

Anders sieht es zum Beispiel bei Google-Werbung aus. Hier gilt grundsätzlich die Störerhaftung, da der Werbetreibende die Affiliates nicht explizit mit der Werbeschaltung beauftragt hat. Die Rechtsprechung ist hier zwar noch nicht gefestigt, nach aktuellem Stand ist jedoch davon auszugehen, dass der Merchant erst ab Kenntnis der Rechtswidrigkeit für die Rechtsverletzungen seiner Affiliates haftet.

Weitere Beiträge zu der Reihe „Affiliate-Netzwerke“

Affiliate-Netzwerke: Übersicht der Rechtsprobleme.

Affiliate-Netzwerke: Verantwortlichkeit des Affiliate.

, Telemedicus v. 22.05.2007, https://tlmd.in/a/226

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