Wie der Tagesspiegel berichtet, hat die „Stiftung Preußische Schlösser und Gärten“ eine Klage gegen die Fotoagentur „Ostkreuz“ eingereicht. Sie verlangt, dass Fotografien der Schlösser aus den Bildarchiven entfernt werden; außerdem fordert die Stiftung Schadensersatz für die bisherige Nutzung der Bilder und die Verhängung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250 000 Euro. So soll im großen Rahmen gegen Bildberichterstatter und Fotoagenturen vorgegangen werden. Die Stiftung möchte in Zukunft an der Verwertung solcher Abbildungen beteiligt werden, um so ihre Liegenschaften zu finanzieren. Der Deutsche Journalistenverband (DJV) sieht in diesem Vorgehen einen Verstoß gegen die Pressefreiheit:
Für die Agenturen und Bildjournalisten ist die staatliche Intervention in ihr Berufsfeld gravierend. Wird der gesamte Raum der Liegenschaften der Staatsstiftung für „privatgewerbefrei“ erklärt und damit verstaatlicht, müssen sie zum Teil jahrzehntealte Bildaufnahmen sowie wichtige Bereiche der Bildberichterstattung und ihres gewerblich nutzbaren Bildbestandes sperren.
„Fotografieren verboten!“ – Zu Recht?
Die Stiftung stützt ihre Ansprüche v.a. auf ein BGH-Urteil aus dem Jahr 1974. In der Entscheidung „Schloss Tegel“ haben die Richter einen Unterlassungsanspruch des Schlossbesitzers gegen die Verbreitung von Fotografien des Gebäudes bejaht: Wenn solche Bilder nur unter Betreten des Grundstücks angefertigt werden können, muss zu deren gewerblicher Verwertung die Genehmigung des Eigentümers eingeholt werden. Dieser Unterlassungsanspruch ergibt sich jedoch nicht aus dem Urheberrecht. Der Baumeister des Schlosses Tegel war bereits 1841 gestorben; damit sind seine Urheberrechte 70 Jahre später erloschen (§ 64 UrhG). Der BGH hat aber eine sittenwidrige Handlung nach den Vorschriften des UWG für möglich gehalten, auf jeden Fall aber eine Verletzung der Eigentumsrechte angenommen (§§ 903, 1004 BGB):
Liegt ein Gebäude (…) wie hier auf einem Privatgrundstück und kann es nur fotografiert werden, wenn dieses Grundstück betreten wird, so steht es dem Eigentümer grundsätzlich frei, den Zutritt zu verbieten oder doch nur unter der Bedingung zu gewähren, daß dort nicht fotografiert wird. Der Eigentümer hat somit in einem solchen Fall auf Grund seiner Sachherrschaft die rechtliche und tatsächliche Macht, sich die Möglichkeit, auf seinem Gelände Aufnahmen anzufertigen, ausschließlich vorzubehalten.
Das Urteil stellt klar, dass der Eingriff nicht in dem Abfotografieren besteht, weil dadurch das Eigentum nicht beeinträchtigt wird. Ein „Recht am Bild der eigenen Sache“ gibt es nicht. Etwas Anderes gelte jedoch für die gewerbliche Verwertung der Fotografien, denn es sei
(…) das natürliche Vorrecht des Eigentümers (…), den gewerblichen Nutzen, der aus seinem nur gegen seine Erlaubnis zugänglichen Eigentum gezogen werden kann, für sich zu beanspruchen.
Gibt’s da nicht noch die Panoramafreiheit?
Das Urteil ist nicht unumstritten. Häufig wird kritisiert, es trenne nicht zwischen den Eigentumsrechten an dem körperlichen Gegenstand des Gebäudes und den Urheberrechten an Immaterialgütern wie etwa einer Fotografie von diesem Gegenstand. Insbesondere würden sich Wertungswidersprüche mit den Normen des UrhG ergeben: Die sog. Panoramafreiheit in § 59 UrhG erlaubt nämlich urheberrechtlich geschützte Werke, die sich an öffentlichen Plätzen befinden, zu fotografieren und zu verbreiten. Weil die Anlagen der Stiftung für die Öffentlichkeit zugänglich sind, ist für den DJV die Sache damit klar:
Der Park Sanssouci ist ein öffentlicher Park – denn die Preußenstiftung wurde nicht dazu konzipiert, die Schlösser und sonstigen Liegenschaften Berlin-Brandenburgs zu „geheimen Bundessachen“ zu erklären. Da der Park Sanssouci – und andere – von solchen Wegen durchzogen sind, ist eine Aufnahme zulässig. (…) Erst recht, wenn der öffentliche Auftrag einer Stiftung ist, das Erbe Preußens zu wahren und zu vermitteln.
Er wirft der Stiftung vor, mit der Berufung auf das BGH-Urteil und ihre Eigentumsrecht den § 59 UrhG aushebeln zu wollen. Die Wertung der Norm gelte zudem auch für Werke, die bereits gemeinfrei geworden sind. Medienrechtler führen außerdem an, dass – im Falle von staatlichen Stiftungen – privatrechtliche Schutzansprüche hinter der im Grundgesetz garantierten Pressefreiheit zurück stehen müssten. Sollte der Fall vor einem Gericht verhandelt werden, wird sich die Frage stellen, ob die Richter weiter an dem BGH-Urteil festhalten, oder diese Argumente berücksichtigen. Derweil ist nicht sicher, wie lange es die Panoramafreiheit im UrhG noch geben wird: Die Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ hat ihn ihrem Abschlussbericht (pdf) Ende 2007 bereits gefordert, in den Text der Schrankenbestimmung eine Vergütungspflicht einzufügen. Der DJV hat darauf hin die Initiative „Pro Panoramafreiheit – Für das Recht auf freie Fotografie“ ins Leben gerufen.