Für viele Internethändler gibt es Hoffung auf mehr Rechtssicherheit. Bundesjustizministerin Zypries hat sich offen dafür gezeigt, den in Anlage 2 zur BGB-InfoV aufgeführten Mustertext für Widerrufsbelehrungen zu ändern. Hintergrund ist der seit über einem Jahr herrschende Streit um die Praxistauglichkeit des Mustertextes.
Kritisiert wird insbesondere, dass die in § 355 Abs. 1 S. 2 BGB vorgeschriebene Textformbelehrung bei Versteigerungen über Auktionsplattformen erst nach Vertragsschluss erteilt werden kann. Dabei verlängert sich die Widerrufsfrist, entgegen der Angabe in der Widerrufsbelehrung, auf einen Monat (§ 355 Abs. 2 S. 2 BGB). Obwohl die überwiegende Mehrheit der damit befassten Gerichte das Formular für mängelbehaftet hält oder für ungültig erklärt hat, sah die Bundesregierung bis vor kurzem noch keinen Handlungsbedarf.
Gesetzgebung gerät in Bewegung
Nun sind andere Töne zu vernehmen: Das Bundesministerium halte weiter an der Rechtsauffassung fest, dass die Musterbelehrungen den gesetzlichen Vorgaben entsprächen, sagte ein Ministeriumssprecher. Allerdings sei durch die Urteile eine Rechtsunsicherheit entstanden, auf die das Ministerium nun reagieren müsse. Es werde geprüft, wie die Situation für die Betroffenen verbessert werden könne, sagte der Sprecher. Mehrere Institutionen der Wirtschaft hatten bereits im vergangenen Jahr ein Tätigwerden des Gesetzgebers gefordert, so u. a. der Deutsche Industrie- und Handelkammertag (DIHK), die Wettbewerbszentrale e. V. und die Trusted Shops GmbH. Letztere hat in eigener Regie umfangreiche Änderungsvorschläge erarbeitet.
Erhebliche Rechtsunsicherheit
Die unterschiedliche Rechtsprechung zur der Frage der Gültigkeit der Musterwiderrufsbelehrung wiegt bei Wettbewerbsverstößen (wie z. B. der Verwendung der Widerrufsbelehrung) im Internet umso schwerer, da es hier den so genannten fliegende Gerichtsstand gibt. Dieser ermöglicht es dem Kläger, sich das Gericht auszusuchen, das seine eigene Rechtsauffassung teilt. Grund für diese großzügige Wahlmöglichkeit ist die bundesweiten Abrufbarkeit von Internetangeboten. Die Rechtsauffassungen der Gerichte gehen derzeit jedoch weit auseinander. So halten etwa das OLG Hamm und das KG Berlin den Einsatz des Musters auf Internetseiten für wettbewerbswidrig. Das OLG Köln hingegen hält dessen Benutzung für unbedenklich. Verworren zeigt sich die Lage beim OLG Hamburg. Hier stehen sich der dritte und der fünfte Zivilsenat mit völlig verschiedenen Auffassungen gegenüber. Gestritten wird, ob ein Passus aus der Musterwiderrufsbelehrung zum Wertersatz bei eBay verwendet werden darf oder nicht. Der Bundesgerichtshof hat zu dieser Frage bisher keine Stellung genommen. Abmahngeplagte Internet-Händler können ihre Hoffnungen daher vorerst nur auf die Ankündigung von Frau Zypries stützen.