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Abmahnung wegen Kripo-Warnung auf kino.to

Letzte Woche hat die Staatsanwaltschaft Dresden zum großen Schlag gegen kino.to ausgeholt. Einige mutmaßliche Betreiber wurden verhaftet, die Domain gesperrt. Bevor die Seite endgültig vom Netz ging war auf kino.to eine Warnung der Kriminalpolizei zu lesen:

Nun haben die Betreiber des (legalen) Kino-Portals cineastentreff.de das Land Sachsen abgemahnt. Der Grund: Auf der Warnseite der Kriminalpolizei fehlte ein Impressum.
Impressumspflicht

Als Diensteanbieter müsse auch das Land Sachsen die Impressumspflichten aus § 5 Telemediengesetz erfüllen, heißt es in der Abmahnung. Da cineastentreff.de ebenso wie kino.to Informationen über Kinofilme anbiete, liege in der fehlenden Impressumsangabe ein abmahnfähiger Wettbewerbsverstoß:

„Wegen eines fehlenden Impressums werden jährlich tausende Homepagebetreiber abgemahnt. Als Behörde müssen Sie genauso wie etwa Internethändler, Gewerbetreibende oder einfache Internetuser den Informationspflichten nachkommen. Insoweit trifft Sie keinerlei Privilegierung. Als Behörde unterliegen Sie den Vorschriften in ganz besonderer Weise, da hinsichtlich der öffentlichen Verwaltung das Transparenzgebot gilt.”

Das ist allerdings nur zu Teilen richtig. Zunächst stellt sich die Frage, ob für eine solche Warnungs-Seite überhaupt ein Impressum erforderlich ist. Schon hier wird es schwierig: Die Impressumspflichten nach § 5 Abs. 1 TMG gelten nämlich nur für „geschäftsmäßige” Telemediendienste. Auch wenn im Detail umstritten ist, was genau „geschäftsmäßig” bedeutet, ist man sich in der Literatur jedoch weitgehend einig, dass es sich um einen nachhaltig angebotenen Dienst handeln muss (Micklitz/Schirmbacher in Spindler/Schuster, § 5 TMG, Rn. 8). Dementsprechend hat etwa das Landgericht Düsseldorf entschieden, dass eine reine „Baustellenseite” kein Impressum nach § 5 TMG erfordert (Az. 12 O 312/10).

Allerdings gibt es neben § 5 TMG noch weitere Impressumspflichten (ausführlich zur Systematik der Impressumspflichten). Nach § 55 Abs. 1 RStV müssen Anbieter von Telemedien, die „nicht ausschließlich persönlichen oder familiären Zwecken dienen” zumindest Namen und Anschrift und Vertretungsberechtigte nennen. Und in § 55 Abs. 1 RStV ist von einer Geschäftsmäßigkeit nicht die Rede. Das spricht dafür, dass von § 55 Abs. 1 RStV auch temporäre Webseiten erfasst sind.

Wettbewerbsrecht

Auch die Warnseite der Kripo Dresden hätte also ein Impressum enthalten müssen – wenn auch nicht nach § 5 TMG, sondern aus § 55 Abs. 1 RStV. Doch kann cineastentreff.de diesen Rechtsverstoß auch abmahnen? In der Abmahnung berufen sich die Betreiber auf das Wettbewerbsrecht: Da beide Seiten Filminfos enthielten, bestünde ein Wettbewerbsverhältnis. Damit habe man nach § 8 Abs. 1 UWG einen Unterlassungsanspruch.

Doch auch diese Argumentation hinkt. Zumindest die Warnseite der Kripo enthielt schließlich keinerlei Informationen über Kinofilme. Auch wenn also ein Wettbewerbsverhältnis mit den ursprünglichen Betreibern von kino.to bestand, gilt das sicher nicht für die Kriminalpolizei. In der Abmahnung heißt es dazu:

„An Ihrer Passivlegitimation ändert sich auch nichts dadurch, dass nunmehr keine Informationen zu Spielfilmen auf der Internetseite kino.to abrufbar sind. Der uninformierte Internetuser ging zumindest bis zur breiten Veröffentlichung der Polizeiaktion gegen die Betreiber von kino.to davon aus, dass sich weiterhin Informationen zu Spielfilmen auf der Domain kino.to finden lassen.”

Für das Wettberwebsverhältnis ist jedoch nicht nur entscheidend, ob die Beteiligten untereinander in Konkurrenz stehen, sondern auch wann (Sosnitza in Pieper/Ohly, UWG, § 2 Rn. 55). Und im Zeitpunkt der vermeintlichen Rechtsverletzung waren unter kino.to keine Informationen über Filme abrufbar, sondern eine Warnung der Polizei.

Hinzu kommt, dass ein solcher Unterlassungsanspruch noch eine weitere Voraussetzung hat: Vom Wettbewerbsrecht erfasst sind nämlich nur „geschäftliche Handlungen”. Diese sind in § 2 Nr. 1 UWG definiert als „jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens”. Dieses Verhalten muss „mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen” zusammenhängen.

Das ist bei hoheitlichem Handeln in aller Regel nicht der Fall (Ohly in Piper/Ohly, UWG, Das UWG im deutschen Rechtssystem, Rn. 27). Die Polizei veröffentlicht eine solche Warnung nicht, um unmittelbar Waren oder Dienstleistungen an den Mann zu bringen, sondern in (vermeintlicher) Erfüllung ihrer hoheitlichen Aufgaben. Schon deshalb kann also ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch nicht gegen das Land Sachsen bestehen.

Darüber hinaus muss ein Wettbewerbsverstoß eine gewisse Bagatellgrenze überschreiten. Auch hier ist umstritten, ob dies bei Verstößen gegen die Impressumspflicht schon der Fall ist. So hat das OLG Düsseldorf angedeutet, dass es zumindest bei temporären Baustellenseiten eine solche wettbewerbsrechtliche Relevanz nicht sieht. Auch das spricht gegen eine Abmahnfähigkeit des fehlenden Impressums auf der kino.to-Warnseite.

Fazit

Ob bei der Warnung der Kripo auf kino.to überhaupt ein Impressum erforderlich war, ist umstritten. Das Telemediengesetz schreibt ein Impressum bei kurzfristig im Netz verfügbaren Seiten jedenfalls nicht vor. Ob daneben eine Impressumspflicht nach dem Rundfunkstaatsvertrag besteht, ist nicht ganz eindeutig. Zumindest aber ist die Abmahnung auf Basis des Wettbewerbsrecht juristisch nicht haltbar. Viel mehr als eine nett gemeinte Protestaktion gegen das Abmahnwesen kann man in der Aktion von cineastentreff.de also wohl nicht sehen.

Die ganze Geschichte der Abmahnung bei cineastentreff.de.

Telemedicus zu den verschiedenen Impressumspflichten.

Telemedicus zum Fall kino.to.

, Telemedicus v. 16.06.2011, https://tlmd.in/a/2027

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